Das Erste, was uns bei der Ankunft in Isfahan auffiel, war das üppige Grün überall. Mit dem Zayandeh-Fluss gesegnet, der durch die Stadt fließt, ist die Stadt voller Gärten und Alleen, was nach der Hitze der Wüste, durch die wir seit Teheran unterwegs waren, eine willkommene Erholung war. Im Herzen der Stadt ist der Naqsch-e-Dschahan, einer der größten Plätze der Welt, der von mehreren schönen Moscheen und Palästen umgeben ist, für die Isfahan so berühmt ist. Da wir an einem Freitag dort waren, war der Platz voller Leben, mit Menschen, die picknickten, Fahrrad oder Pferdekutsche fuhren, oder einfach herum spazierten. Isfahan ist in der Tat eine ziemliche Fahrradstadt, und während unseres kurzen Aufenthalts sahen wir mehr Frauen auf Fahrrädern als irgendwo sonst im Iran.
Auf dem Weg aus Isfahan heraus kommen wir wieder an der Pol-e-Chadschu-Brücke vorbei
Von Isfahan folgten wir dem Zayandeh-Fluss aus der Stadt heraus Richtung Varzaneh. Außerhalb Isfahans kamen wir an einer Atomanlage vorbei, und in der Gegend war auch das einzige Mal, dass die Polizei uns anhielt, um unsere Pässe und Visas zu kontrollieren. In der Nacht zelteten wir bei den Taubentürmen nahe der Kleinstadt Ezhieh. Diese Türme wurden als Nistplätze für Tauben gebaut, um ihre Exkremente zu sammeln, die von Landwirten als Dünger verwendet werden. Die Taubentürme in Ezhieh sind nicht mehr in Verwendung und einige sind teilweise eingestürzt. Mindestens einer jedoch wurde wieder restauriert und in ein Teehaus umgebaut.
Zelten zwischen den Taubentürmen in der Kleinstadt Ezhieh, zwischen Isfahan und Varzaneh
Immer noch auf dem Weg nach Varzaneh, machten wir einen kleinen Abstecher zur Zitadelle von Ghoortan. Die über 1000 Jahre alte Zitadelle ist voll von Lehmhäusern, die teilweise noch genutzt oder sogar bewohnt werden. Bei der Zitadelle trafen wir auf einen jungen Mann namens Saleh, der uns zu einem Tee in sein Haus einlud und sagte, dass er den Schlüssel zu dem Taubenturm neben der Zitadelle hätte. Da wir neugierig waren, wie es im Inneren eines Taubenturms aussieht, stimmten wir zu und er kontaktierte die Landwirte, die den Turm für uns aufschlossen. Es stellte sich heraus, das der Turm noch genutzt wurde und voller Tauben (und Taubendreck) war!
In der 1000 Jahre alten Ghoortan-Zitadelle, zwischen Isfahan und Varzaneh
Nachdem wir mit der erweiterten Familie Salehs zu Mittag gegessen hatten, bot er an, den ganzen Weg bis Varzaneh (ca. 12km) mit uns zu radeln und uns dort ein paar interessante Orte zu zeigen. Wieder nahmen wir das Angebot an und er führte uns zu einer Kamel-Mühle und einer Ochsen-Pumpe, beides alte Technologien, die von unternehmerischen Einheimischen zu touristischen Zwecken wiederbelebt wurden, aber dennoch interessant anzusehen waren.
Die meisten Reisenden in Varzaneh unternehmen Ausflüge in die nahegelegenen Sanddünen und zum Salzsee, aber da wir beides schon in der Nähe von Kashan gesehen hatten, fuhren wir am nächsten Tag direkt weiter. Unser Ziel war die Khargooshi-Karawanserei, eine verlassene Karawanserei mitten in der Wüste zwischen Varzaneh und Nodoushan. Auf dem Weg kamen wir am Ghavkhouni-Feuchtgebiet vorbei, einem unter dem Schutz der Ramsar-Konvention stehendes Gebiet, dass vor wenigen Jahren noch voller Zugvögel war, aber inzwischen leider aufgrund von Dürre und Wasser-Missmanagement ausgetrocknet ist.
4km vor der Khargooshi-Karawanserei endete die schöne, gerade Asphaltstraße, auf der wir bis dahin unterwegs waren, abrupt und wurde zu einer unbefestigten, sandigen Straße. Manchmal mussten wir schieben, aber erreichten letztendlich die Karawanserei, in der wir zelten wollten. Wir verbrachten einige Zeit damit, die große Karawanserei zu erkunden und stellten uns vor, wie es wohl gewesen sein muss, als noch Karawanen entlang der Seidenstraße reisten und hier Rast machten. Am Abend kamen noch zwei Autos mit Einheimischen vorbei, um sich die Karawanserei anzusehen, und ein Mann kam, um seinen Wasser-Tankwagen an der Quelle in der Mitte aufzufüllen - überraschend viel Verkehr für einen verlassenen Ort. Glücklicherweise wurden wir die restliche Nacht nicht weiter gestört.
Am nächsten Tag ging es vier weitere Kilometer über die sandige Piste und anschließend 16km auf besserer, unbefestigter Straße, bis wir in der Nähe einer großen Eisenmine wieder auf Asphalt stießen. Von dort ging es dann weiter lange, gerade Straßen durch die Wüste entlang nach Nodoushan. Außer der Karawanserei gab es absolut keinen Schatten zwischen Varzaneh und Nodoushan. Das Wetter war ziemlich heiß und während der zwei Tage haben wir die 9,5l Wasser, die wir an unseren Fahrrädern befestigen konnten, komplett aufgebraucht (was rückblickend betrachtet gar nicht so viel ist).
Der letzte Abschnitt unbefestigter Straße auf dem Weg nach Nodoushan
Nodoushan ist eine traditionelle Wüstenstadt, die von sich behauptet, im geographischen Zentrum des Irans zu liegen. Vor unserer Ankunft wussten wir nichts über diese Stadt und so waren wir positiv überrascht von den schönen Lehmhäusern und Windfängern in der Altstadt. Die Nacht verbrachten wir im einzigen Gästehaus der Stadt, einem hübsch restaurierten, gemütlichen, traditionellen Haus, das wir ganz für uns allein hatten.
Straße in Nodoushan, einer traditionellen Wüstenstadt im geographischen Zentrum Irans
Von Nodoushan ging es größtenteils bergab nach Yazd, der größten und bekanntesten Wüstenstadt im Iran. Wieder gab es keinerlei Schatten, so dass wir unsere Pausen in den Regentunneln unter der Straße verbrachten, sowohl um uns vor der Sonne als auch vor dem Verkehr und den Menschen zu verstecken. Da Iraner jedoch sehr kontaktfreudig sind, hat uns natürlich selbst dort unten jemand gefunden. Mittlerweile hatte Heiko einen Nervenzusammenbruch durch zu viel Interaktion und radelte mit Ohrstöpseln, um die Intensität der LKW-Hupen etwas zu dämpfen.
Als wir in Yazd ankamen, hatten wir schon so viele traditionelle Wüstenstädte gesehen, dass Yazd uns nicht mehr so sehr beeindruckte. Was uns in Yazd eher interessierte, war etwas über den Zoroastrismus zu lernen, die vorherrschende Religion im Iran vor der arabischen Invasion, da Yazd das Zentrum des zoroastrischen Glaubens im Iran ist. Außerdem haben wir das Wassermuseum von Yazd besucht und mehr über Qanats gelernt, die unterirdischen Kanäle, die Wasser von den Bergen in die Wüste transportieren. Sie sind eine antike Meisterleistung der persischen Ingenieurskunst und immer noch die Lebensader aller Wüstenstädte im heutigen Iran.
Nach Yazd legten wir eine lange Pause in Mehriz ein, nur 35km südlich von Yazd, um unseren massiven Rückstau beim Sortieren und Beschriften unserer Fotos abzuarbeiten. Als wir Mehriz endlich wieder aufbrachen, war es ein harter Tag über die Berge nach Tang-e Chenar, gefolgt von einem langen Wüstenabschnitt nach Marvast.
Rote Rhabarberblüten bedecken die Wüste zwischen Ali Abad und Marvast
Als wir in Marvast ankamen, fragten wir ein paar Einwohner, ob es in der Stadt ein Hotel gäbe, woraufhin uns ein Mann aufforderte, ihm zu folgen. Wir dachten, dass er uns zu einem Hotel bringen würde, aber es stellte sich heraus, dass er uns zu sich nach Hause brachte. Wir waren von der spontanen Gastfreundschaft überrascht und nahmen die Einladung dankbar an, aber bereuten die Entscheidung bald. Ständig ging uns alles auf die Nerven: Das Kleinkind, das ständig Sachen aus unseren Taschen nahm (und die Eltern, die das lustig fanden und es nicht aufhielten); seine Einladung, ein paar Kamele anzugucken (Aufbruch sofort, wir hatten keine Wahl); der Salat zum Abendessen (wir bekamen keine Gelegenheit, Essen zu kaufen, und Vegetarier essen ja nur Salat, nicht wahr?), usw.. Wir gingen verärgert zu Bett und während wir eine weitere schlaflose Nacht zu viel über alles nachdachten, diagnostizierten wir bei uns selbst einen Kulturschock.
Jede einzelne Begegnung ist für sich relativ harmlos. Der LKW-Fahrer, der genau wenn er überholt direkt in unsere Ohren hupt. Die Leute, die ihr Auto vor uns anhalten, aussteigen und uns bedeuten, anzuhalten, damit sie ein Foto mit uns machen können. Die Kinder, die neben uns her radeln und Witze machen, die wir nicht verstehen. Die Männer (es sind immer Männer), die rücksichtslos und beharrlich unsere Gespräche mit anderen unterbrechen, um zu fragen, wo wir herkommen. Aber ein dutzend solcher Begegnungen jeden Tag, für die letzten paar Wochen, hat uns so sehr erschöpft, dass es selbst nach ein paar Tagen Pause nicht lange dauert, bis wir wieder unsere Toleranzgrenze erreicht haben. Bitte nicht falsch verstehen: Wir treffen immer noch gerne neue Gastgeber und die meisten der Menschen, bei den wir zu Gast waren, waren außerordentlich gastfreundlich, haben sich super um uns gekümmert und dafür gesorgt, dass wir uns in ihrem Zuhause gut erholen konnten. Aber die Leute, denen wir auf der Straße begegnen, nagen unwissentlich an unserer Geduld und glauben dabei wahrscheinlich, nett und freundlich zu sein.
Wir hätten niemals mit so einer Erfahrung gerechnet, da wir immer geglaubt haben, dass wir uns an die meisten Kulturen anpassen könnten. Wir vermuten jetzt, dass der Iran unter allen Ländern, in denen wir schon waren, vielleicht kulturell am unterschiedlichsten von dem ist, an was wir uns gewöhnt haben (Deutschland und Singapur sind kulturell eigentlich ziemlich ähnlich). Oder vielleicht liegt es daran, dass wir in den meisten anderen Ländern nicht so lange waren, und die kulturellen Unterschiede nicht so viel Zeit hatten, voll in Erscheinung zu treten.
Jedenfalls radelten wir nach der schlaflosen Nacht in Marvast weiter das schöne, grüne Bavanat-Tal hinauf, wo wir die Nacht im Lonely-Planet-gelisteten, relativ überteuerten, auf westliche Touristen ausgerichteten Touristendorf von Abbas Barzegar und seiner Familie verbrachten. Wir wollten eigentlich zelten, aber kamen am Nachmittag in ein Gewitter und waren froh, eine ungestörte Nacht und ein gutes Bett zu haben. Am nächsten Tag ging es uns etwas besser und wir fuhren weiter das Tal hinauf nach Safashar, wo wir auf die größere Straße Richtung Shiraz trafen.
Weiter oben im Bavanat-Tal gab es weniger Bäume und Dörfer, aber mehr Schäfer mit ihren Herden