Thailand war eines der besten Länder, in denen wir mit dem Rad unterwegs waren. Der Straßenverkehr ist ruhig (kein Gehupe - unser einziger Maßstab dieser Tage), die Fahrer sind rücksichtsvoll und die Qualität der Straßen (groß und klein) ist so, so gut. Darüber hinaus sind die Menschen ruhig und freundlich, und Essen ist fast überall und jederzeit verfügbar. Zum ersten Mal seit sehr langer Zeit war das Radfahren wieder komplett stressfrei, und die Aggression, die sich für Monate in uns aufgestaut hat, ist komplett verschwunden. Wir leiden dieser Tage eigentlich höchstens unter der Hitze, weshalb wir nun viel früher aufstehen und losradeln als je zuvor (aber immer noch um und bei eine Stunde nach Sonnenaufgang).
Am Grenzübergang von Vientiane nach Nong Khai mussten wir von der rechten auf die linke Fahrbahn wechseln, woran wir uns erstmal ein paar Tage gewöhnen mussten (immerhin nur einmal auf dieser Reise). Von Nong Khai nach Bangkok verlief der größte Teil der Route durch Nordost-Thailand, eine Region, die auch als Isaan bekannt ist und in der die meisten Leute ethnische Laoten sind. So konnten wir unterwegs all das laotische Essen finden, das wir während unseres kurzen Aufenthalts in Laos verpasst hatten, besonders den Klebreis.
Ursprünglich wollten wir kleinere Straßen auf einer direkteren Route von Nong Khai nach Bangkok nehmen, aber dann entdeckten wir ein paar interessante Sehenswürdigkeiten in der Nähe der Haupt-Fernstraße Route 2, so dass wir stattdessen diese Richtung einschlugen. Auf der Fernstraße war relativ viel Verkehr, aber sie hatte einen befestigten Seitenstreifen, so dass das Radfahren dort nicht stressig war. Die Straße verläuft auch direkt durch Städte und Dörfer, so dass es am Straßenrand viele Restaurants und Rastmöglichkeiten gibt. Einmal hielt sogar ein Eisverkäufer mit seinem Motorrad bei uns an, als wir gerade in einem Unterstand Pause machten. Insgesamt machte es uns also trotz des vielen Verkehrs wirklich nichts aus, auf der großen Fernstraße zu radeln.
Dennoch war es trotzdem schön, dort wo es sinnvoll war, abseits der Route 2 zu fahren. Von Nong Khai nach Udon Thani nahmen wir die Route 2, bogen danach aber auf kleinere Straßen ab, um zum Thale Bua Daeng, dem Roten-Lotus-See, zu gelangen. Der See ist jedes Jahr von ca. Dezember bis Februar von rosa Lotusblüten bedeckt und da wir zufällig zur richtigen Jahreszeit vorbeikamen, nutzten wir die Gelegenheit, ihn uns anzusehen. Wir fuhren die 40km von Udon Thani zum See früh am Morgen, da wir gelesen hatten, dass sich die Blüten am Nachmittag schließen und es sich daher lohnt, früh da zu sein. Dann nahmen wir ein Boot, das uns zu den Stellen auf dem See brachte, die dicht mit Blüten bewachsen und sehr schön anzusehen waren. Der See war außerdem voller Vögel, die um unser Boot herum flogen oder auf der dichten, schwimmenden Vegetation herumliefen. Nach unserer Bootstour radelten wir den Deich entlang um den See nach Kumphawapi, einer kleinen Stadt am Südzipfel des Sees, wo wir die Nacht verbrachten.
Am nächsten Tag ging es dann wieder auf der Route 2 nach Khon Kaen und tags darauf dann weiter nach Phon. Anschließend nahmen wir wieder kleinere Straßen entlang mehrerer Kanäle auf dem Weg nach Phimai. Dort machten wir einen Tag Pause, um den Historischen Park von Phimai zu erkunden, einer Tempelanlage der Khmer aus dem 11. und 12. Jahrhundert. Phimai war eine wichtige Stadt im Khmer-Reich und der Haupttempel, Prasat Hin Phimai, war über eine antike Hauptstraße mit der Hauptstadt Angkor verbunden und auch mit seiner Hauptachse in Richtung Angkor ausgerichtet. Der Tempel ist älter als Angkor Wat und sieht seinem berühmteren Gegenstück sehr ähnlich.
Von Phimai fuhren wir weiter auf kleineren Straßen bis Nakhon Ratchasima, kurz Korat. Korat ist die größte Stadt Isaans, so dass der Straßenverkehr zwischen Korat und Saraburi (wo die Route 2 auf die Route 1 nach Bangkok trifft) deutlich zunahm. Jedoch gab es zu diesem Straßenabschnitt durch die hügeligen Ausläufer des Nationalparks Khao Yai keine gute Alternative. Ab Saraburi konnten wir die Schnellstraßen wieder verlassen und fast die ganze Strecke bis Ayutthaya auf kleinen Straßen an Kanälen entlang radeln. Uns hat überrascht, dass die Luftfeuchtigkeit auf der anderen Seite der Hügel des Nationalparks Khao Yai deutlich höher war und wir so auf dem Weg nach Ayutthaya ordentlich ins schwitzen kamen.
Wir kamen dennoch früh genug in Ayutthaya an, um noch das Chao-Sam-Phraya-Nationalmuseum zu besichtigen. Das Museum zeigt viele Artefakte und Schätze (überwiegend aus Gold), die in den Krypten von Wat Mahathat und Wat Ratchaburana, zwei der bedeutendsten Tempel der antiken Hauptstadt, gefunden wurden. Leider wurde die Krypta von Wat Ratchaburana 1957 von Räubern geplündert, die den Großteil des Goldes einschmolzen und verkauften, bevor sie gefasst wurden. Nur 10kg der ursprünglich 75kg an Goldschätzen konnten gerettet werden. Den nächsten Tag verbrachten wir komplett damit, auf dem Fahrrad herumzufahren und die Tempelruinen der antiken Hauptstadt zu besichtigen. Dank des aktuellen Coronavirus-Ausbruchs waren die Tempel überhaupt nicht überfüllt, da nicht nur Reisegruppen aus China sondern auch aus anderen Ländern ferngeblieben waren. Die Größe und Anzahl der in und um die Stadt verteilten Tempelruinen hat uns tief beeindruckt, und es war nicht schwer, sich vorzustellen, wie beeindruckend die Stadt zu ihrer Glanzzeit gewesen sein muss.
Von Ayuttha wollten wir nicht die ganze Strecke in den dichten Stadtverkehr Bangkoks radeln, so dass wir ab ungefähr halber Strecke in Rangsit einen Zug ins Stadtzentrum nahmen. Dann mussten wir zwar immer noch ein paar Kilometer durch die Innenstadt fahren, um zur Wohnung unserer Gastgeberin zu gelangen, aber der Verkehr war nicht so schlimm, wie wir ihn uns vorgestellt hatten - angeblich ist dieser Tage aufgrund des Coronavirus viel weniger Verkehr. Am Abend feierten wir Hannahs Geburtstag mit einem Essen in einem gemeinnützigen Restaurant mit dem ungewöhnlichen Namen Cabbages & Condoms ("Kohl & Kondome").
Dann mussten wir unsere Reise wieder unterbrechen, um Heikos Visums-Termin in Singapur wahrzunehmen. Wir wollten jedoch nicht so viel fliegen, so dass wir für den Hinweg über Land (per Zug und Bus) reisten, wodurch der Abstecher insgesamt eine Woche dauerte.