Die zweite Hälfte unsere Tour entlang der Schwarzmeerküste ging langsam los, da erst Heiko in Sinop krank wurde, und dann Hannah in Samsun, so dass wir letztendlich 10 Tage für diesen fast vollständig flachen, 150km langen Straßenabschnitt brauchten. In östlicher Richtung sind die letzten Hügel der D010 zwischen Sinop und Gerze, wo die Straße etwas weiter im Landesinneren verläuft. Ab Gerze wird die D010 dann zum vierspurigen (und manchmal sechsspurigen Schnellstraße entlang der Küste und manchmal die ursprüngliche Küste ersetzend, mit vielen Tunneln durch die vielen felsigen Kliffs. Die Straße verbindet fast alle Provinzhauptstädte der östlichen Schwarzmeerküste der Türkei (von West nach Ost: Sinop, Samsun, Ordu, Giresun, Trabzon, und Rize), was ihre Größe und Bedeutung erklärt.
Aussicht auf Espiye, mit ein paar schneebedeckten Bergen im Hintergrund
Auf dem Weg nach Gerze hat Heiko es geschafft, auf der Straße seitlich zu schleudern und dabei sein Hinterrad ziemlich verbogen. In Bafra haben wir daher versucht, ein neues Rad aufzutreiben. Wir haben unsere Gastgeberin um Hilfe gebeten und sie hat wiederum eine Freundin vom örtlichen Fahrradclub kontaktiert, die uns dann zum besten Fahrradladen der Stadt brachte. Leider hatten sie dort kein passendes Rad, aber konnten Heikos Felge wieder einigermaßen in Form biegen (und wir haben am nächsten Tag in Samsun eine gute Felge gefunden, mit der Hilfe unseres nächsten Gastgebers). Es stellte sich heraus, dass diese Freundin bei einer türkischen Nachrichtenagentur arbeitet und schon waren wir plötzlich in einem Presseinterview, das wir nicht ablehnen konnten. Ehe wir uns versahen, waren wir nicht nur in den lokalen Bafra-Nachrichten, sondern sogar in der Zeitung für Samsun..
Als wir nach 10 langsamen Tagen endlich Samsun verlassen hatten, brauchten wir nur noch 9 Tage, um die Grenze zu Georgien zu erreichen, mit für unsere Verhältnisse hoher Geschwindigkeit auf der Schnellstraße. Unterwegs wurden wir noch ein paar mal von Gastgebern aufgenommen, einmal sogar von jemandem spontan auf der Straße eingeladen, was für uns das erste Mal war. Wir haben auch die bisher größte Gruppe Radreisender getroffen: vier (drei Franzosen und ein Norweger, auf den sie kurz zuvor gestoßen waren), und fuhren zusammen von Ordu nach Giresun, wo sich unsere Wege wieder trennten, als wir zu unserem Gastgeber abbogen.
Nur eine Nacht haben wir wild gecampt, und zwar an einem Strand zwischen Giresun und Trabzon. Am Abend genossen wir einen schönen Sonnenuntergang, am nächsten Morgen jedoch wurden wir abrupt von einem Mini-Sandsturm aus dem Schlaf gerissen, der unsere Zelt-Heringe aus dem Sand zog. Wir packten überstürzt zusammen, während Dinge wegzufliegen drohten und überall Sand eindrang.
Sonnenuntergang am Strand von Yalıköy, wo wir kurz vor Görele gecampt haben
In Trabzon haben wir einen Tag Pause eingelegt, um uns die Stadt anzusehen. Wir haben die Altstadt und die beeindruckenden antiken Stadtmauern erkundet, die teilweise auf das 1. Jh. n.Chr. datieren. Überrascht haben uns die Lebendigkeit der Stadt, die Straßen voller Leute, das geschäftige Marktviertel und die Energie, die wir so seit Istanbul nicht mehr verspürt haben.
Überall entlang der östlichen Schwarzmeerküste kamen wir an vielen Kulturlandschaften und Lebensmittelfabriken vorbei, am nennenswertesten Reis in den Flussdeltas um Samsun, Haselnüsse um Giresun und Tee in der Gegend von Rize. Das feuchte Klima und die sanfteren Berghänge der östlichen Schwarzmeerregion machen sie ideal für die Landwirtschaft. Wenn man sich Satellitenbilder der Turkei ansieht, kann man auch klar den Kontrast zwischen dem schmalen, grünen Band an der Schwarzmeerküste und dem braunen Inland von Anatolien sehen. Leider bedeutet dies auch, dass die Gegend viel Regen abbekommt und wir viele unserer letzten Tage in der Türkei mit radeln im Regen verbracht haben. Der Regen war hart zu uns und unseren Fahrrädern, aber wir waren wirklich überwältigt von der Freundlichkeit und Gastfreundschaft der Türken.