Irgendwo im Nordiran haben wir die Hauptroute der alten Seidenstraße verlassen, um uns die alten, persischen Städte im Süden anzusehen. In Merv, Turkmenistan, kehrten wir dann auf die Seidenstraße zurück, aber erst in Usbekistan wurde uns dies wirklich bewusst. Die Städte Bukhara und Samarkand sind weltberühmt für ihr Seidenstraßen-Erbe und besitzen noch immer einige beeindruckende, alte Gebäude aus ihrer Zeit als bedeutende Handels- und Machtzentren.
Wir kamen von Turkmenistan aus ins Land, nach einem der einfachsten Grenzübertritte, seit wir Europa verlassen haben. Usbekistan steht in dem schrecklichen Ruf, Touristen an seinen Grenzen mit strengen Zollkontrollen, viel Bürokratie und unfreundlichen Beamten zu schikanieren. 2017 beschloss der neue Präsident jedoch, den Tourismus anzukurbeln. Seitdem brauchen Reisende aus mehr und mehr Ländern (u.A. Deutschland und Singapur) kein Visum mehr, die Grenzbeamten begrüßen Touristen freundlich und kontrollieren nur noch sehr oberflächlich. Der ehemals überteuerte Markt für Unterkünfte wurde ebenfalls liberalisiert und erlaubt nun nicht nur große Hotels, sondern auch kleine, bezahlbare Pensionen und Privatunterkünfte.
Der erste Ort, den wir nach der Grenze erreichten, war Alat, wo wir gerade noch rechtzeitig eintrafen, um Geld zu wechseln und eine SIM-Karte zu kaufen. Wir fuhren weiter in die nächste Kleinstadt, wo wir auf der Suche nach einem Hostel in eine inoffizielle Unterkunft in eine Privatwohnung entführt wurden. Am nächsten Tag erreichten wir endlich Bukhara, wo wir zwei volle Tage für Sightseeing, Fotos sortieren und etwas Pause verbrachten, nachdem wir in Turkmenistan doch etwas in Eile waren. Am ersten Abend zog ein heftiges Gewitter über die Stadt, mit so starkem Wind, dass die Glastür unseres Hotels zersplitterte und mit so intensiven Blitzen, dass in der ganzen Stadt für mehrere Stunden der Strom ausfiel. Unsere Wettervorhersagen und Klimatabellen ließen zu dieser Jahreszeit in der ganzen Region überhaupt keinen Regen erwarten und unser Hotelbesitzer bestätigte, das dieses Wetter höchst ungewöhnlich sei.
Bukhara war aber beeindruckend, und das Stadtzentrum ist voller historischer Gebäude.
In der Ulugh-Beg-Madrasa in Bukhara
Seit wir den Iran hinter uns gelassen haben, waren die Straßen stets sehr flach und so ging es bis Samarkand auch weiter. Die Qualität der Straßen war in Usbekistan jedoch spürbar schlechter als in den bisherigen Ländern. Während die größten Straßen meistens noch okay waren, haben wir viel Zeit damit verloren, große Buckel und Schlaglöcher zu umfahren. Die Fahrt von Bukhara nach Samarkand war ansonsten recht unspektakulär, mit Ausnahme von Heikos Magenverstimmung, die uns auf halber Strecke zu einem Tag Pause zwang. Außerhalb der Städte sind die Toiletten oft bloß Löcher im Boden, in denen Fliegen nach Belieben ein- und ausgehen, und Seife zum Hände waschen ist generell auch nicht verfügbar. Hätte den kostenlosen Salat nicht essen sollen... Jedenfalls fanden wir auch schöne Plätze zum Zelten in dieser relativ dicht besuedelten Gegend und genossen die flache Landschaft, die der Flagge Usbekistans ähnelt: Grüne Felder, weiße Wolken und blauer Himmel.
Eine Kuhherde passiert unseren Zeltplatz zwischen Katta-Kurgan und Samarkand
Wir hatten auch geplant, zwei ganze Tage in Samarkand zu verbringen, aber verlängerten unseren Aufenthalt, da unsere kleine, familiengeführte Pension gefiel und das relativ stabile WLAN uns endlich ermöglichte, unsere Reise durch das Pamir-Gebirge zu planen. Außerdem streiften wir durch die ganze Stadt auf der Suche nach Gaskanistern für unseren Campingkocher, aber anscheinend ist so etwas im ganzen Land nicht verfügbar (laut den Verkäufern, die wir gefragt haben - auch wenn wir glauben, dass man sie in der Hauptstadt Taschkent bekommen können sollte). ). Am nächsten dran waren wir nach stundenlanger Schnitzeljagd bei einem Automechaniker mit Lötlampe, aber der hatte seine Kartuschen aus Moskau importiert und sie waren nicht verkäuflich.
Selbstverständlich hatte die Stadt auch einige sehr beeindruckende Sehenswürdigkeiten zu bieten, von denen der Registanplatz die beeindruckendste war. Was uns jedoch besonders fasziniert hat, war das Ulugh-Beg-Observatorium, welches der Timuriden-Sultan Ulugh Beg errichten ließ. Von vielen Gelehrten als einer der bedeutendsten beobachtenden Astronomen des 15. Jahrhunderts anerkannt, wird ihm nachgesagt, seine Herrscher-Pflichten zugunsten der Wissenschaft vernachlässigt zu haben. Nachdem sein Vater gestorben war, wurde er im Kampf um die Thronfolge ermordet und sein Observatorium von religiösen Fanatikern zerstört. Wir konnten ihn jedoch irgendwie verstehen und verbrachten als Nerds unverhältnismäßig viel Zeit im Museum neben den Überresten des Observatoriums.
Von Samarkand bogen wir Richtung Süden ab, nach Shahrisabz, einer weiteren, alten, jedoch weniger bekannten Stadt der Seidenstraße. Samarkand und Shahrisabz sind durch die westlichsten Ausläufer der Serafschankette getrennt und die kürzeste Straßenverbindung führt über den Takhta-Karacha-Pass auf 1676m Höhe. Wir benötigten zwei Tage, um die Berge zu überqueren und zelteten kurz vor dem Pass mit Aussicht auf das Tal unter uns.
Aussicht ins Tal Richtung Shahrisabz. Links in der Ferne sind schneebedeckte Berge zu sehen.
Nachdem wir am nächsten Tag von den Bergen heruntergerollt waren, stoppten wir zunächst in Kitob, wo wir das einzige Mal in Usbekistan Couchsurfing-Gastgeber hatten. Unser eigentlicher Gastgeber lebt selbst in Taschkent, aber seine Eltern beherbergten uns. Was für ein Erlebnis! Wir wurden nicht nur wie Familienmitglieder versorgt und behandelt, sondern konnten auch einen kleinen Einblick in ihre Arbeit gewinnen. Seine Eltern sind Beobachter beim International Scientific Optical Network (ISON) und haben ein Observatorium mit vier Teleskopen, die überwiegend zum Beobachten von Weltraumschrott genutzt werden. Jede Nacht arbeitet einer der beiden durch und macht astronomische Fotos, die zur Analyse ins Hauptquartier in Moskau gesendet werden. Mit den Daten von Beobachtern wie ihnen, die über den ganzen Globus verteilt sind, können aktive Satelliten um mögliche Zusammenstöße mit Weltraumschrott, ein zunehmendes Problem im Orbit, herum gesteuert werden.
Von Kitob waren es nur noch 12km Richtung Süden bis Shahrisabz, einer der ältesten Städte Zentralasiens, die auf das Achaemenidenreich (Persien) zurückgeht. Als Heimatstadt von Emir Timur war Shahrisabz in den frühen Jahren der Timuriden-Dynastie eine bedeutende Stadt, bevor sich das politische Zentrum nach Samarkand verlagerte. Leider wurde vor einigen Jahren aufgrund eines staatlichen Plans zur Entwicklung des Tourismus das historische Stadtzentrum planiert und die mittelalterlichen Wohnviertel durch einen modernen Park ersetzt, in dem die historischen Gebäude verloren herumstehen. Dennoch waren die Gebäude immer noch recht beeindruckend. Da wir uns nun auf den Weg ins Pamir-Gebirge machen, wird Shahrisabz für eine Weile die vorerst letzte Seidenstraßen-Stadt auf unserer Route sein.